Kurt Steiner: Ein Wiener beim Tokioter Kriegsverbrecherprozess
Mit seinen fast 90 Jahren, so resümiert die vorliegende Biographie über Kurt Steiner, wisse der in Kalifornien lebende emeritierte Hochschulprofessor für politische
Wissenschaften meist mehr über die österreichische Innenpolitik als die meisten Östereicher.
Der Sohn eines jüdischen Fleischhauers musste Österreich 1938 verlassen, kam 1945 im Auftrag der US-Regierung nach Japan und gehörte zum Stab der US-Ankläger in den Tokioter Kriegsverbrecherprozessen. Die sehr unterschiedlichen Stationen und Aufgaben - Hochschule, Politik und Völkerrecht - haben den polyglotten Politologen gelehrt, zu relativieren und sensibel für moralische Bewertungen zu sein. So war er zwar einerseits am Wiederaufbau des japanischen Justizwesens nach der Niederlage des 2. Weltkriegs durch die USA beteiligt, andererseits ein vehementer Kritiker des Vietnamkriegs. Letzteres hat ihm bei dem Mächtigen der Vereinigten Staaten wenig Freunde gemacht.
Steiners politischen Theorien haben zahlreiche österreichische Wissenschafter und Politiker geprägt - u. a. Gerhard Botz, Heinz Fischer, Peter Gerlich, Anton Pelinka, Ruth Wodak, die ihn großenteils noch als Professor in Stanford erlebt haben, wo er von 1955 bis 1977 Politische Wissenschaften lehrte.