Österreichische Migranten in Sowjetisch-Kasachstan
Im März 1926 gründete eine Gruppe von mehr als 200 österreichischen Auswanderern eine Kolonie am Fluss Syrdar’ja in der Nähe von Kzyl-Orda, der damaligen Hauptstadt von Kasachstan. Armut und der Mangel an Arbeitsplätzen waren die ausschlaggebenden Motive für die Emigration. Die Regierung in Österreich gewährte finanzielle Unterstützung, um Arbeitslose und lästige Demonstranten loszuwerden. Die sowjetische Seite war indessen an Devisen und Agrartechnik interessiert. Trotz umfangreicher Kredite ging die Kolonie aufgrund des unfruchtbaren Landes und innerer Streitigkeiten bereits 1927 zugrunde. Archivmaterialien aus Wien, Berlin, Moskau und kasachischen Archiven erlaubten es, die traurigen Schicksale der wagemutigen Kolonisten und ihrer Familien nachzuzeichnen. Wer nicht bald genug zurückkehrte, geriet häufig in die Mühlen stalinistischer Repressionen und wurde als Ausländer unter Generalverdacht gestellt und verfolgt. Aber auch andere Personengruppen fielen dem Stalinismus zum Opfer: Viele ehemalige Kriegsgefangene aus dem Ersten Weltkrieg landeten in einem der zahlreichen Lager in der kasachischen Steppe, aber auch jene jüdischen Flüchtlinge, die nach dem »Anschluss« in die baltischen Länder geflohen waren. Wer das Lager überlebte, konnte schließlich 1947 nach Österreich zurückkehren.